Tag 15: Alles Kostet - oder: Das Ende der Insel
Wales > Der Tag > Tag 15: Alles Kostet - oder: Das Ende der InselStreng genommen beginnt heute die 3 Woche meines Auslandssemester. Da heute Samstag ist, gibt es erwartungsgemäß auch keine Vorlesungen. Deshalb den ganzen Tag aber zuhause bleiben, das ist nicht im Sinne des Erfinders.
Ursprünglich war daher auch geplant, heute eine kleine Tour durch Wales zu unternehmen und dabei die Festiniog Railways und das "italienische Dorf" Portmeirion zu besuchen. Allerdings ist meinen Mit-Tourenden gestern Abend eingefallen, das Shoppen bzw. am Strand spazieren gehen viel toller ist und haben mir abgesagt. Das war für mich aber kein Grund, die Tour ausfallen zu lassen.
Also morgens in aller Frühe um 9 am aufgebrochen Richtung Süden. Nach knapp einer Stunde Fahrt und einmal falsch abgebogen bin ich am Ziel. Schnell das Auto geparkt und dann das Ticket gekauft. Der Zug wurde gerade im Bahnhof rangiert und mit einigen Wagen verstärkt. Durchschnittlich gefüllt ging's dann um 10:15 los. Während der ganzen Fahrt schien die Sonne mehr oder weniger stark und es war angenehm warm. Mit das Beste an der Fahrt waren allerdings die atemberaubenden Aussichten. Diese Landschaft ist eigentlich unbeschreiblich - mir zumindest fehlen die Worte. Schaut euch einfach die Bilder an, auch wenn die die Atmosphäre gar nicht komplett wiedergeben können.
Um halb 12 war der Zug am Ziel in Blaneau Ffestiniog angekommen. Dort wurde die Lokomotive erneut mit Wasser betankt und an das andere Ende des Zuges gesetzt. Nach einer Viertelstunde ging's dann wieder Talwärts. Da ich in einen anderen Wagen "umziehen" musste, saß ich jetzt praktischerweise an der Talseite und konnte die Landschaft direkt genießen (und fotografieren).
Wieder im Hafenbahnhof Porthmadog angekommen, ich noch die erneute Abfahrt "meines" Zuge abgewartet und habe dann wieder mein Auto auf dem sündhaft teuren Parkplatz gesucht. Zuvor hatte ich aber noch die Tourist-Information besucht und eine geeignete Rückreise gewählt.
So bin ich nicht an dem "italienischen Dorf" vorbeigefahren, sondern habe mich in den äußersten Westen von Wales aufgemacht. Mit der Zeit wurden dabei die Strassen immer enger und nach und nach verschwanden alle Schilder und Hinweise auf das Ziel. So bin ich einfach nach Karte und Gutdünken weitergefahren.
Ursprünglich wollte ich die Stelle finden, die an dreieinhalb Seiten vom Meer umspült wird. Die gibt es aber nicht so ohne weiteres, zumindest nicht, wenn man wie ich komfortabel mit dem Auto anreisen will. Mein erster Versuch endete an der Einfahrt zu einem heruntergekommenen Bauernhof, obwohl die Karte diese Strasse als "wichtig" einstufte. Nunja, das Meer war dann etwas 100 Meter unter mir und einen weiteren Kilometer entfernt.
Also Auto drehen, in einer Strasse, die am Ende kaum breiter als das Auto selbst war. Hat dann aber geklappt, Beulen habe ich (noch) keine gemacht. Laut Karte müsste es weiter nördlich noch eine Möglichkeit geben, mit dem Auto an das westlichste Ende von Wales zu gelangen. Nach etlichen Meilen des Raten, welche der kleinen und kleinsten Strassen denn nun in das bedeutende Dörfchen führt bin ich endlich angekommen. Der Ausblick, als ich über den Bergkamm kam war schon beeindruckend. Allerdings waren die Einwohner des Dörfchens Schlaumeier im ganz speziellen Sinn. Da jeder an ihren Strand wollte und den westlichsten autoerreichbaren Zipfel auf den letzen Metern begehen wollte, sah man dort eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle.
Und die geht folgendermaßen: Man male an jeder Straße im Ort zwei gelbe Linien an jede Seite. Man suche einen Acker in Ortsnähe, der möglichst steinig ist und wo ohnehin nicht wirklich was wächst. Man zäune diesen Acker ein und definiere ihn als Parkplatz. Dann noch eine kleine Glaskiste hingebaut, wo der Parkplatzwärter seinem Job nachgehen kann: Von parkwilligen Autofahrern 2,50 Pfund Parkgebühr eintreiben. Wenn man damit den ganzen Tag parken könnte, was aber ohnehin niemand wirklich will, dann wäre das ja noch in Ordnung. Nein, die damit "gekaufte" Parkzeit lag nur bei einer einfachen Stunde. Parkzeitüberschreitungen werden gesondert berechnet. Damit diese auch mal auftreten, liegt das einzige Restaurant-Pub-Kiosk-Souvenir-Gebäude direkt zwischen Strand und Parkplatz, wenn man nach 55 Minuten gemerkt hat, dass die Parkzeit gleich abläuft...
Überhaupt sind die Tarife ziemlich gut gewürzt in Wales. Einmal Parken ist unter 2 Pfund fast nicht zu haben, dann aber auch nur für eine kleine Stunde. Die Burg besuchen und ein Bild von der (atemberaubenden) Küste machen kostet gleich schon wieder 2,50 Pfund, aber nur im Winter und wenn man jünger als 16 Jahre ist. Trifft bei mir alles nicht zu. Also auf das Bild verzichtet. Es gibt bestimmt noch andere Burgen, wie eine ähnliche Lage haben und vielleicht billiger sind und gleichzeitig mehr bieten...
Zurück zum Ende der Insel. Ich bin dann also nicht an den Strand, weil ich mein Auto nicht für teuer Geld abstellen lassen wollte. Stattdessen ein paar Bilder gemacht und fertig. Das es inzwischen schon früher Abend war und meine Akkus für Kamera nun auch den Geist aufgegeben haben, bin ich dann auf dem vermeintlich schnellsten Weg nach Hause gefahren. Nach unzähligen Schleifen und Kurven und Bergen und Tälern wurden dann die Straßen wieder breiter und die Beschilderung wieder besser. So konnte ich dann nach relativ kurzer Zeit und gerade noch im hellen meinen Parkplatz vor dem Zimmerbunker .. ähh dem Wohnheim wieder erreichen.
Immer wieder atemberaubend und immer noch unbeschreibbar sind die Landschaften hier. Mal bergig wie in den Alpen, wo man gelegentlich einen 0,5ten Gang gebrauchen kann, weil der erste schon zu schnell ist, dann wieder mal riesige Tiefebenen mit Millionen von Schafen, die überall als weiße Flecken im Grün auftauchen und manchmal auch auf der Straße oder den Schienen. Mal sind die Berge bis an den Gipfel bewachsen, während der nebenstehende Berg eine Schotterwüste ist. Krasse Gegensätze auf engstem Raum. Mal eine gut ausgebaute Straßen und wenn man endliche eine angenehme Geschwindigkeit erreicht hat, kommt wieder ein Stück, das alle ¼ Meile eine Ausweichstelle hat, weil sie zu schmal ist.
Am Ende bleibt noch festzuhalten, dass das Wetter heute entgegen den ersten Ankündigungen bis fast ans Ende sehr sonnig und warm gewesen ist. Ich behaupte, das war die passende Gebetserhörung, um mich nach der frustrierenden Absage der Kollegen wieder aufzumuntern. Hat auch geklappt!
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