Tag 35: Feuer und Wäsche - oder: Das Risiko der Vorlesung

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Freitag, 27. Oktober 2006

Die spannende Frage des Tages ist nun, was haben Feuer und Wäsche gemeinsam? Nichts, möchte man meinen, oder?

Sie haben aber. Für heute war mein Waschtag geplant. Das Problem ist nur, das ich morgens gerne lange Schlafe und daher keine freie Waschmaschine mehr verfügbar ist. Ich bin nicht der Einzige, der waschen will.

Wie dem auch sei, ich hatte meinen Wecker für heute extra früh gestellt. Wie immer habe ich ihm beim ersten Klingeln "tot gedrückt" und mich wieder in eine angenehme Position zum Weiterschlafen gebracht. Ich war schon fast wieder eingeschlafen, also plötzlich mit voller Lautstärke der Feuermelder losheulte. Zuerst wollte ich meinen Wecker erneut abstellen, bis ich dann den Ernst der Lage erkannte. Schnell die Gardinen ein bisschen aufgezogen, damit Licht ins Zimmer kommt, denn die Beleuchtung ist seit über 10 Stunden defekt. Dann schnell die Klamotten angezogen, einfach alles über den Schlafanzug und die wichtigsten Papiere mitgenommen. Zusammen mit allen anderen dann das Gebäude verlassen und den Sammelplatz angesteuert. Nach und nach kamen dann die letzten Studenten schlaftrunken und ziemlich leicht bekleidet aus ihren Zimmern.

10 Minuten später kam dann auch die Feuerwehr wieder mit ihren 2 LKWs angebraust. Die schön blinkende und blitzende Beleuchtung verleiht der ganzen Situation im Morgengrauen das gewisse Flair. Die Wehrmänner sind dann mit der Security in das Gebäude, um später den Grund für den Feueralarm fest zustellen: Jemand hatte geduscht. Geduscht? Genau. Als dieser Jemand die Türe der Dusche öffnete, ist ein bisschen Wasserdampf zielstrebig zum dummen Feuermelder gezogen. Und der hat prompt ohne nachzufragen reagiert und einen Alarm ausgelöst. So mussten wir alle raus und morgen in der Kälte stehen und frieren. Immerhin hatte der Himmel ein Einsehen, so dass es nicht regnete.

Insgesamt war das nun schon der 6. Feueralarm in der noch nicht vollendeten 5. Woche meiner Anwesenheit. Langsam wird es mir zu blöd.

Der Vorteil war dann natürlich, dass ich nicht mehr in Bettchen gestiegen bin, sondern zum normalen Tagesprogramm übergegangen war. Frühstücken und dann die Wäsche geschnappt und ab zur Waschanlage, ähh, Waschsalon. Alle Wäsche in die Maschine und anschalten. Damit die loslief, erstmal 2 Pfund einschmeißen. Damit läuft die Maschine hier nur 42 Minuten (in Worten: zweiundvierzig Minuten). Immerhin sollte dann auch die Wäsche sauber sein. 40 Minuten später war ich wieder vor Ort und konnte meine Wäsche sauber aus der Maschine entnehmen. Umladen in den Trockner, zumindest für einen Teil der Wäsche. Wieder ein Pfund löhnen für 50 Minuten Wärmebehandlung.

Die nicht trockner-fähige Wäsche habe ich in meinem Zimmerchen auf die Leine gehängt. Alleine für dieses Kunstwerk hätte ich unter anderen Umständen den ersten Preis des "Takelage-Knüpfer Verbandes" bekommen. Durch den gezielten Einsatz meines Bestandes an Umlenkrollen, Karabinerhaken und weiteren Helferlein ist es mir gelungen, rund 15 Meter Seil im Raum zu verspannen, so das die Wäsche ordentlich trocknen kann, ohne das ich mich bei der Arbeit stranguliere.

Bis zur Vorlesung war dann alles erledigt. Die Vorlesung selber hat sich dann mit der Berechung des Risikos befasst. Wie kann man das unfassbare fassbar und gleichzeitig kalkulierbar machen. Gar nicht so einfach, aber es geht. Als Belohnung noch schnell ein weiteres Assignment gefangen. Nunja.

Am Abend hat eine italienische Mitstudentin uns allen gezeigt, wie man eine gute Pizza backt. Hat auch wunderbar geschmeckt und meine Augen wollten mehr als mein Magen, es hat aber geklappt.

Als Konsequenz der vielen Feueralarme und der Tatsache, dass ich zukünftig auch ohne Verschulden einen Teil der Einsatzkosten begleichen soll, habe ich nun einen Termin mit dem "Senior Warden", dem obersten Haushältermeister. So kann ich dann nächste Woche fragen, warum und wie ich zur Kasse gebeten werden soll und warum die Feuermelder zwar auf Wasserdampf, aber nicht auf die Rauchschwaden verunglückter Kochkünste mancher Mitstudenten reagieren. Bis es soweit ist, werde ich mir noch ein paar Gedanken machen.

Am Abend hat es erwartungsgemäß nicht mehr geregnet, wie übrigens auf den Wegen zur und von der Vorlesung. Das war das Startsignal für einen kleinen Gute-Nacht-Spaziergang, um auf andere Gedanken zu kommen und von Studentenleben abzuschalten.
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